Bezahlen mit dem Pieps

Die bargeldlose Bezahlung macht einen großen Schritt nach vorne: Stundenlanges Kramen in Hosentaschen und Portemonnaies soll in Deutschland bald der Vergangenheit angehören, wenn es nach der deutschen Kreditwirtschaft geht. Wer künftig im Supermarkt oder anderen großen Handelsketten Waren im Wert von weniger als 20 Euro im Einkaufswagen hat, braucht weder einen Geldschein noch eine EC- oder Kreditkarte zu zücken. Mit den neuen Karten unter dem Markennamen „girogo“ hält der Kunde nur noch das Portemonnaie dicht an einen Kartenleser an der Kasse, und schon ist der Einkauf bezahlt. Keine Pin, keine Unterschrift – mit einem leisen Piep ist die Transaktion schneller vorbei, als man seine Waren einpacken kann.

Die deutschen Banken und Sparkassen starten dieses Pilotprojekt zu Near Field Communication (NFC) im April 2012 in den Regionen Hannover, Braunschweig und Wolfsburg. Mehr als 1,3 Millionen Bankkunden sollen dann die Gelegenheit bekommen, die neuen Karten im echten Leben zu testen, wie die deutsche Kreditwirtschaft bei der Vorstellung von „girogo“ Mitte Januar mitteilte. Die am Pilotversuch teilnehmenden Händler sind die Supermarktkette Edeka, die Buchhandlungen von Thalia, Douglas-Parfümerien, Esso-Tankstellen, der Süßigkeitenhändler Hussel und Kleidung von Appelrath-Cüpper. Ab August soll das kontaktlose Bezahlen dann bundesweit für Millionen Deutsche möglich sein.

Die Vorteile für den Handel liegen auf der Hand: Das Bezahlen soll schneller und einfacher, die Schlangen an den Kassen kürzer werden. Das wiederum spart Personal und soll so langfristig die Investition in die modernen Bezahlterminals ausgleichen. Auch für den Kunden kann das kontaktlose Bezahlen mit Near Field Communication (NFC) durch die Zeitersparnis zum Vorteil werden – sofern er nicht für mehr als 20 Euro einkaufen will und gut auf seine neue Karte aufpasst. Denn bevor mit dem Pieps bezahlt werden kann, muss der Kunde am Geldautomaten oder speziellen Bezahlterminals in teilnehmenden Geschäften maximal 200 Euro aufladen. Verliert er die Karte oder lässt sie sich stehlen, ist auch das Guthaben verloren.

Steckt die Karte aber sicher in der Geldbörse, soll das kontaktlose Bezahlen per NFC dank der Datenverschlüsselung ebenso sicher sein wie herkömmliche Kartenzahlmethoden. Auch deshalb rüsten die teilnehmenden Banken und Sparkassen bereits eifrig um: 16 Millionen deutsche Sparkassenkunden werden bis Ende des Jahres 2012 ihre neue Karte mit Nahfeld-Chip erhalten haben, ein Jahr später sollen mit 30 Millionen ausgegebenen Karten schon ein Drittel aller in Deutschland vorhandenen EC-Karten mit der NFC-Technologie ausgestattet sein.

Damit folgt die deutsche Kreditwirtschaft dem Beispiel anderer Branchen, die in der Near Field Communication die Zukunft sehen und das kontaktlose Bezahlen schon länger vorantreiben: Google stattet seine neue Generation von Handys mit einer Bezahltechnik von Visa aus. Zudem können amerikanische Testkunden mit dem Programm „Google Wallet“ die Daten ihrer Kredit- und Kundenkarten auf dem Handy speichern und so ohne Portemonnaie und physische Plastikkarten bezahlen. Die Volks- und Raiffeisenbanken betreiben in Deutschland ein eigenes Pilotprojekt zu NFC gemeinsam mit Mastercard, bei dem Bankkunden bei teilnehmenden Tankstellen und Restaurantketten bargeldlos zahlen können. Auch zahlreiche öffentliche Nahverkehrsbetriebe sowie die deutsche Bahn bieten ihren Fahrgästen die Möglichkeit, mit dem Handy Tickets zu kaufen. Die Voraussetzung dabei ist natürlich immer ein internetfähiges modernes Mobilfunktelefon, das zur Vermeidung hoher Kosten möglichst über eine Datenflatrate verfügen sollte.